Kinder in Fremdbetreuung – ein strittiges Thema

Jeder Vater eines kleinen Kindes steht vor der Frage, ob, wann und in welche Kindertagesstätte das Kind gehen wird. Bei der Auswahl der in Betracht kommenden Kita-Einrichtungen werden Faktoren wie Ruf, Entfernung vom Zuhause, Öffnungszeiten und Gebühren für den Betreuungsplatz bedacht.

Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz scheint ein Segen für viele Familien zu sein, denn Eltern können während der Betreuungszeiten ihrem Job nachgehen und die wirtschaftliche Existenz der Familie sicherstellen. Nur selten wird darüber nachgedacht, ob Kinder in Fremdbetreuung überhaupt gut versorgt sind.

Wenn du gerade Papa eines Kindes geworden bist, dein Baby bereits geboren wurde oder du mit deiner Partnerin gerade über die Familienplanung sinnierst, gehört dieser Artikel zu den Pflichtlektüren für Väter (und Mütter). Denn die Frage, ob Kinder in Fremdbetreuung gehören, muss zwingend unter neuen Gesichtspunkten bewertet werden.

Eine Studie, auf die ich später näher eingehe, brachte hervor, dass kleine Kinder in Fremdbetreuung negative Auswirkungen auf ihren Hormonhaushalt erleiden. Doch das ist längst nicht das Einzige, was du zum Thema Kinderbetreuung durch Fremde wissen musst.

Warum stellt sich diese Frage kaum?

Dass der Gedanke „Sind Kinder in Fremdbetreuung gut aufgehoben?“ zu wenig Aufmerksamkeit erhält, liegt in mehreren Tatsachen begründet. Viele Familien sind darauf angewiesen, dass die Mutter mitarbeitet, um das Familieneinkommen sicherzustellen. Außerdem haben Alleinerziehende kaum eine Wahl, ob sie zuhause bleiben und sich um den Nachwuchs kümmern oder arbeiten, um die Existenz zu sichern und nicht von Hartz-4 leben zu müssen.

Hinzu kommt, dass seit Generationen Kinder meist ab dem 3. Lebensjahr in den Kindergarten gehen. Auf Vätern und Müttern liegt der gesellschaftliche Druck, die Kinder in Fremdbetreuung zu geben, weil „alle das schon immer so machen“. Tatsächlich können Kleinkinder vom Besuch in einer Kindertagesstätte bzw. im Kindergarten profitieren. Dort bieten sich zahlreiche Möglichkeiten. Sei es das gemeinsame Spiel mit Gleichaltrigen, das für Aneignung altersgerechter sozialer Kompetenzen unerlässlich ist; das Training, sich in einer Gruppe einzufügen sowie die Vorbereitung auf die Grundschule.

In den Kitas wird gemalt, gebastelt, gesungen. Es wird sich viel bewegt und es gibt Streitereien unter Gleichaltrigen. Die Lerneffekte finden somit auf vielen Ebenen statt und tragen massgeblich der Entwicklung des Kindes bei. Schon im Kindergarten lernen die Kleinen das Stillsitzen, leise zu sein, zuzuhören. Die Feinmotorik wird durch das Basteln und Malen trainiert. Bei Ausflügen, auf dem Spielplatz und beim Kindergarten-Sport wird die Grobmotorik geschult. Jeder Streit mit einem Kindergarten-Freund trainiert die sozialen Kompetenzen und Kleinkinder lernen, mit Wut, Frust und Enttäuschung umzugehen. Das alles sind wertvolle Erfahrungen, die ohne Kindergartenbesuch bzw. Besuch in der Kindertagesstätte kaum möglich erscheinen.

Kinder in Fremdbetreuung: Immer mehr wird über die Nachteile bekannt

Ein Vater oder eine Mutter kennt vor allem die positiven und praktischen Aspekte der Kinderbetreuung, so dass nur selten hinterfragt wird, welche Schattenseiten es bei der (frühkindlichen) Fremdbetreuung geben könnte. Wenngleich ältere Studien der frühkindlichen Pädagogik positive Wirkungen testierten, kommen neue Studien immer mehr zu Erkenntnissen, dass Kinder in Fremdbetreuung häufiger krank sind und darüber hinaus sich sogar der Hormonhaushalt der Kleinkinder negativ verändert.

Studienergebnisse lieferten zunächst keine eindeutigen Ergebnisse

Diverse Studien belegen oder widerlegen positive Auswirkungen auf außerfamiliäre Betreuung von kleinen Kindern. Die amerikanische Untersuchung nach Clarke-Stewart (1984, 1987) testiert Kindern in Fremdbetreuung verschiedene Entwicklungsvorsprünge. Sie seien kreativer, seien in der Lage, Informationen besser aufzunehmen und wiederzugeben, seien meist selbstbewusster und hätten insgesamt mehr soziale Fähigkeiten erlernt, als gleichaltrige Kinder, die zuhause betreut werden. Der Entwicklungsvorsprung fremdbetreuter Kinder betrüge 6 bis 9 Monate.

[error] Die NICHD Studie (NICHD Study of Early Child Care and Youth Development – SECCYD) kommt zum Schluss, dass die frühkindliche Fremdbetreuung bei mehr als 20 Stunden generell ein Entwicklungsrisiko für Kinder unter 3 Jahren darstellt. Mehr Informationen dazu findest du hier.
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Krippenstudie: Kinder in Fremdbetreuung haben Stress

Eine weitere Studie, nämlich die Wiener Krippenstudie WiKi, wurde von der Universität Wien im Jahre 2012 durchgeführt. Die Untersuchenden beobachteten das Verhalten von Kindern in Fremdbetreuung und stellten mit ihrer Forschungsarbeit heraus, dass die frühkindliche Betreuung durch Fremde sich nicht positiv auf die Stressbewältigung der Kleinkinder auswirkt. Untersucht wurden 65 Kinder im Alter von 10 bis 36 Monate.

Die Krippenstudie brachte an den Tag, dass sich aufgrund der Stresssituation durch die Fremdbetreuung der Cortisolspiegel der Kleinen zunächst erhöht, dann jedoch langfristig absinkt und der Cortisolspiegel danach sogar unterhalb des Normalwerts fällt. Der reduzierte Cortisolspiegel erschwert den Krippenkindern den Stressabbau und bringt die Kinder in einen Zustand, der vergleichbar mit dem Burnout bei Erwachsenen ist. Bereits nach 10 Wochen Krippenbesuch sei diese Veränderung messbar.

Wie stark die Veränderung des Hormonhaushalts eintritt, hängt u. a.

  • vom Alter des Kindes,
  • dem Betreuungsschlüssel
  • sowie dem Bindungsverhältnis zu den Betreuungspersonen ab.

Dennoch scheint den Forschungserkenntnissen zufolge insbesondere die Trennung des Kindes von der Hauptbezugsperson für diese gravierenden Auswirkungen verantwortlich zu sein. Die Krippenstudie der Universität ist nicht die einzige Studie, die das Konzept Kindertagesstätte in Frage stellt.

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Trennung von Haupterziehungsperson schädlich für das Kind

Die Autorin Hanne K. Götze fasst in Ihrem Buch „Kinder brauchen Mütter: Die Risiken der Krippenbetreuung – Was Kinder wirklich stark macht“ wissenschaftliche Erkenntnisse zahlreicher Studien zusammen und hinterfragt unter Einbezug verschiedener empirischer Untersuchungsergebnisse die gängigen Betreuungsmodelle sehr kritisch.

Fakten zur Betreuung durch Fremde

Bereits 1991 wies der Neuruppiger Kinderarzt Dr. Manfred Balz auf seine Untersuchungsergebnisse hin. Denen zufolge waren Krippenkinder in der DDR durchschnittlich 70 Tage krank. Die Forschungsergebnisse wurden als „Vertrauliche Dienstsache“ vor der Öffentlichkeit geheim gehalten und unter Verschluss gebracht.
Läszlö Welk und René Spitz erforschten die Krankheitshäufigkeit bei zuhause betreuten Kindern und Krippenkindern. Die Ergebnisse:

  • Krippenkinder erkrankten mit 83 % an epidemischen Erkrankungen, während nur 5 % aller zuhause betreuten Kinder betroffen waren.
  • 11 % der Kinder in Fremdbetreuung erkrankten an der Lunge, während Familienkinder nur mit 1,5 % betroffen waren.
  • Kinder, die von ihren Eltern betreut wurden, erlitten mit 3,6 % eine Mittelohrentzündung, während fremdbetreute Kinder mit 22 % daran erkrankten.
  • Von Grippe geplagt waren 60 % der Krippenbesucher; lediglich 20 % aller Kinder, die nicht in Fremdbetreuung sind, erlagen der Grippe.
Jiri Dunovsky, Prager Universitätsprofessor, kommt zu ähnlichen Erkenntnissen. Kinder, die in einer Krippe betreut werden, erkranken doppelt so oft am Verdauungssystem. Der Professor beschrieb auch einen Fall, in dem das Kind aufgrund des Krippenbesuchs Kompensationsverhalten entwickelte und seelisch erkrankte. Das Kind verkraftete die Trennung von der Mutter nicht.
Weitere Forschungsergebnisse stammen von Sickert und Ahnert, bei denen im Jahr 2000  70 Kinder im Untersuchungsmittelpunkt standen. Die Kleinkinder im Alter von 15 Monaten wiesen nach dem Eintritt in die Kita einen signifikant höheren Puls auf. Es habe 5 Monate gedauert, bis der Puls der Kinder wieder Normalwerte erreichte.
Quelle & Leseempfehlung:
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Wie wichtig ist die Bindung zur Mutter resp. zum erziehenden Vater?

Der Forscher Wilfried Datler, Uni Wien, kommt zu der Erkenntnis, dass die Auswirkungen durch die Inbetreuunggabe auf das Kind auch davon abhängen, wie der Wechsel in die Fremdbetreuung ausgestaltet wird. Würde die Betreuungsperson seltener gewechselt, handele es sich um eine sehr kleine Gruppe mit Kindern und würden mehrere Kinder gleichzeitig den Start in die Krippe erleben, wäre die Belastungssituation für die Kleinen nicht mehr ganz so hoch.

Trennung gefährdet Bindung

Elementar für eine positive Entwicklung des Kindes ist eine sichere Bindung zu wichtigen Erziehungspersonen. Eine sichere Bindung entsteht durch die Verlässlichkeit der Erziehungsperson, die jedoch nicht mehr gegeben ist, wenn das Kind von dieser getrennt wird. Fearon et al. untersuchte 69 Studien mit insgesamt über 6.000 explorierten Kindern. Das Resultat ist niederschmetternd. Jungen, die nicht in einem sicheren Bindungsgefüge aufwuchsen, entwickeln Verhaltensprobleme und Aggressionen; Mädchen neigen zu Depressionen.

Trennung ist Belastung und messbarer Stressverursacher

Wissenschaftler vertreten die Annahme, dass die tägliche Abgabe des Kindes in Fremdbetreuung jeden Tag auf´s Neue eine starke Belastung darstellt, die physiologisch messbar sei. Stress und erhöhter Puls könnten möglicherweise auf eine Traumatisierung hinweisen. Kleinkinder haben im Idealfall eine sogenannte sichere Bindung an die Haupterziehungsperson.

Dies ist meist die Mutter; dies kann aber – je nach Familiensituation – auch der Vater sein. Kinder setzen in Mutter und Vater im Normalfall ein schier unerschütterteres Urvertrauen und nehmen bereits im Mutterleib Mama und Papa als verlässliche Bezugspersonen wahr. Säuglinge sind vollumfänglich von den Eltern, insbesondere jedoch von der Kindesmutter abhängig, um überlebensfähig zu sein. Erst mit zunehmendem Alter sind Menschenkinder in der Lage, sich nach und nach unabhängiger von der Mutter zu entwickeln.

So wichtig ist die Bindungsqualität Kind – Mutter

Wie gut die Bindungsqualität zwischen Mutter und Kind ist, kann durch eine einfache Exporationsmethode untersucht werden. Mutter und Kind werden in einem Raum beobachtet. Dabei wird gemessen, wie weit das Kind sich freiwillig (!) von der Mutter entfernt und ob das Kind zur Mutter schaut.

Forscher haben Folgendes herausgefunden

Kinder entfernen sich durchschnittlich

  • 7 Meter im zweiten Lebensjahr
  • 15 Meter im dritten Lebensjahr
  • 21 Meter im vierten Lebensjahr

von der Kindesmutter.

Kein sicher gebundenes Kind geht freiwillig auf Distanz

Ein sicher gebundenes Kind käme niemals auf die Idee, aus eigenem Antrieb in die Kita zu gehen, da die frühkindliche Trennung von der Hauptbindungsperson (meistens die Mutter) nicht dem natürlichen Verhalten, aber auch nicht dem natürlichen Bedürfnis eines Menschenkindes entspricht.

Erst, wenn das Kind ausreichend kognitive Fähigkeiten erworben hat, ist es bereit, sich zunehmend von der Mama zu entfernen. Kinder werden von den Eltern in die Kindertagesstätte gebracht und müssen sich damit abfinden. Dies lässt insgesamt die Annahme zu, dass außenfamiliäre Betreuung niemals dem Grundbedürfnis eines Kleinkindes entsprechen kann.

Sichere Bindung das A & O für die Entwicklung?

Gerade die ersten Lebensjahre eines Kindes sind für die kindliche Entwicklung eminent. Bereits im Babybauch nimmt das Kind erste Eindrücke von außen wahr und kaum ist es auf der Welt, werden die Lernprozesse kontinuierlich fortgesetzt. Babys merken schnell, wer eine verlässliche Bezugsperson ist, Babys bauen ihre ersten Bindungen zu anderen Menschen bereits im Mutterleib auf und im Kleinkindalter werden die Grundsteine für Charakter und Wesensbildung gelegt.

John Bowlby – Vater der Bindungstheorien

Die Wesentlichen „Ur-Erkenntnisse“ der Bindungstheorie gehen auf den Psychoanalytiker und Kinderarzt John Bowlby zurück, der bereits in den 1960er Jahren sich diesem Forschungsgebiet widmete und die Folgen von Mutterentbehrung untersuchte. Gemeinsam mit seinem Assistenten Robertson arbeite Bowlby auch nach der Jahrtausendwende in diesem Themenbereich. James Robertson drehte bereits in 1951 einen Dokumentarfilm über Kinder, die wegen Krankenhausaufenthalten von den Eltern getrennt wurden und beschrieb das daraus resultierende Leid der Kinder.

Eine wichtige Erkenntnis aus der Arbeit von Bowlby und  Robertson:
Kinder erleben nach einer Trennung Trauer bis hin zu depressiven Verstimmungen, ausgeprägte Sehnsucht nach mütterlicher Nähe. Außerdem zeigten betroffene Kinder gegenüber fremdbetreuenden Personen starken Widerstand.

Zunächst ging die Wissenschaft davon aus, dass Säuglinge lediglich aufgrund der Sicherstellung der Nahrung eine so starke Bindung zur Mutter hätten. Unter Hinzuziehung von Forschungsergebnissen mit Gänsen (siehe auch Konrad Lorenz), gelang es Bowlby, diese Theorie zu widerlegen. Babys sind bereits vor der Geburt auf Mutter und Vater geprägt und haben eine enge Bindung aufgebaut, die zumindest nicht ausschließlich der Nahrungsversorgung dient. Elementar für die sichere Bindung des Kindes sei es, wie die Mutter, resp. der Vater, die Bedürfnisse ihres Kindes wahrnähme, und wie sie / er sich um die Erfüllung der kindlichen Bedürfnisse kümmere.

Fremde-Situations-Tests nach Ainsworth & Wittig

Die Psychologin Mary D. S. Ainsworth erforschte unter den Grundlagen der Bowlby-Theorien die Mutter-Kind-Interaktion und bestätigte empirisch Bowlbys Thesen. Heute zählt der „Fremde-Situations-Test“ nach Ainsworth & Wittig zu den anerkannten Messinstrumenten, geht es um Bindungsqualität.
Der „Fremde-Situations-Test“ kommt zu vier möglichen Messergebnissen, die Aufschluss über die Bindung geben:

  • sicher gebundenes Kind
  • avoidantes Kind (unsicher-vermeidend gebunden)
  • ambivalentes Kind (unsicher-ambivalent-gebunden)
  • desorganisiertes Verhaltensmuster

Kinder, die als sicher gesundes Kind bezeichnet werden, legen bestimmte Verhaltensmuster an den Tag:

  • Verlässt die Mutter beim Explorationstermin den Raum, weint das sicher gebundene Kind.
  • Kehrt die Mutter in den Raum zurück, läuft das Kind auf sie zu, lässt sich von der Mutter beruhigen und widmet sich dann wieder der vorigen Beschäftigung.

Ein Kind, das nur wenig oder keine Reaktion auf das Verlassen des Raums durch die Mutter zeigt, gilt als nicht sicher gebunden.

Eingewöhnung in den Kindergarten Trauma?

Wohl alle Eltern kennen die Situation, wenn das Kind zum ersten Mal im Kindergarten  / Krippe abgegeben wird. Solange Mutter bzw. Vater zugegen sind, lässt sich das Kindergartenkind bzw. das Krippenkind auf das neue Umfeld ein – mal mehr oder weniger schüchtern. Kaum verlässt die bis dahin hauptsächlich mit der Betreuung betraute Person die Einrichtung, steht das Kind schreiend an der Eingangstür. Erzieher besänftigen die verunsicherten Elternteile mit den Worten „Das wird schon!“ oder „Das Kind muss sich gewöhnen!“. Sind das wirklich Worte der Beruhigung?

Eingewöhnung in die Kita: Eltern sind verunsichert

Viele Eltern suchen im Internet Antworten auf die Frage, ob das Kind durch die Eingewöhnung traumatisiert sei. Hier und da ist auch zu lesen, dass die Eingewöhnungsphase mehrere Monate dauern kann.
In der Abhandlung „Das Berliner Eingewöhnungsmodell – Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung“ von Katja Braukhane & Janina Knobloch werden ebenfalls negative Entwicklungen bei Kindern bestätig. Knobloch und Braukhane grenzen die Feststellung jedoch ein: Insofern die Eingewöhnung fehlt. Bestätigt werden auch „Irritationen in ihren Bindungsbeziehungen“ sowie niedrigerer Entwicklungsstand.

[error]Konkret bedeutet dies: Bei nicht eingewöhnten Kindern kommt es zu körperlichen Beeinträchtigungen und zu Entwicklungsdefiziten.[/error]

Die Schrift stellt Erwartungen an die Eltern:

„Für Kinder ist es eine große Herausforderung, sich an eine neue Umgebung anzupassen und eine neue Beziehung zu fremden Personen aufzubauen. Dabei benötigen sie die Hilfe und Unterstützung ihrer Bezugspersonen.“

Bei der Eingewöhnung soll bei weniger sicher gebundenen Kindern die Trennungsperiode 30 Minuten andauern. Bei Kindern, die bei der Trennung stark weinen und sich nicht beruhigen lassen wollen, soll – nach Empfehlung von Braukhane & Knobloch – die Trennung „nicht länger als zwei bis drei Minuten“ dauern. Eine Traumatisierung ist deshalb nicht auszuschließen.

Epigenetik: Erlebnisse schreiben den DNA-Code um

Noch absolut junge Forschungen der Epigenetik beschäftigen sich mit den Auswirkungen frühkindlicher Erlebnisse, die sogar in der Lage sein sollen, den genetischen Code des Kindes umzuschreiben. Thesen lassen die Annahme zu, dass z. B. durch Trennungssituationen oder Traumata die DNA des Kindes verändern, wodurch schwere Erkrankungen gefördert werden könnten (siehe http://www.peter-spork.de/files/newsletter_epigenetik_2016_01_mar.pdf Seite 11).

Vereinfacht ausgedrückt geht es in der eigenetischen Forschung auch darum, dass ungeborene Kinder auf das Zusammenleben mit seinen Eltern programmiert wurde. Wenngleich diese Forschungen noch nicht ausgereift sind, ließe dies den Schluss zu, dass Fremdbetreuung grundsätzlich falsch sei.

Soll das Kind in die Kita gebracht werden?

Nahezu alle Wissenschafter sind sich dahingehend einig, dass Kinder in Fremdbetreuung häufig gefährdet sind, weil ihre kognitiven Fähigkeiten noch gar nicht in der Lage sind, eine frühkindliche Trennung von der Mutter bzw. dem Vater zu verarbeiten. Umso sicherer das Kind gebunden ist, desto tiefer kann die Trauer über die Trennungssituation sein, während sich unsicher gebundene Kinder häufig leichter mit der befremdlichen wie auch unnatürlichen Situation abfinden.

Die Fachkräfte, so kann man es vermuten, zeigen indes Bereitschaft zum Kompromiss, indem sie relativieren. Kinderbetreuung durch Fremde sei nicht ganz so schädlich, wenn

  • die Eingewöhnung langsam verliefe.
  • die Betreuungszeiten nicht zu lange andauern würde.
  • der Personalschlüssel von z. B. 8 Kinder auf eine Betreuungsperson nicht übersteige (einige Wissenschaftler fordern maximal 4 Kinder).

Wäre es den Wissenschaftlichen überhaupt erlaubt, die erschütternden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht (in Teilen) zu relativieren? Die Pädagogik hätte mit einem Male ihre Daseinsberechtigung verloren.

Welche Zustände herrschen in Kitas?

Neben den bisherigen Ausführungen zum Thema „Kinder in Fremdbetreuung“ kommt erschwerend ein ausführlicher Artikel von ZEIT ONLINE, erschienen am 30. Juni 2016, hinzu. Die Kollegen Biermann, Faible, Geister, Polke-Majeweski, Steffen und Venohr machen den Artikel „Kita – Was macht ihr da mit unseren Kindern?“ wie folgt auf:

„Kitas sollen die Jüngsten behüten. Doch mehr als 2.000 Erfahrungsberichte zeigen: Mancherorts herrschen schlimme Zustände. Bund und Länder aber schauen weg.“

ZEIT ONLINE beklagt im gesamten Bundesgebiet unhaltbare Zustände in Kitas. Rund 2.000 Eltern und 260 Erzieherinnen sind einem Aufruf gefolgt, über Erfahrungen mit Kinderbetreuungseinrichtungen zu berichten. Eine scheinbar grundsätzliche Schieflage in der Pädagogik kam dabei zum Vorschein.

Misshandlungen in Kitas an der Tagesordnung?

Hier einige Beispiele der geschilderten Missstände, die, würden sie im familiären Umfeld stattfinden, zur Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt führen würden:

  • Ein autistischer Junge sei von einem Kindergartenleiter geohrfeigt worden.
  • In Eppelborn schlug eine Erzieherin dem Kind auf die Finger, weil es nicht hörte.
  • In Hamburg wurde ein Fünfjähriger in den Toilettenraum eingesperrt.
  • In Heilbronn kam ein Kind mit Hämatomen aus dem Kindergarten nach Hause.
  • In einer Frankfurter Betreuungseinrichtung (Krabbelstube) für Kleinkinder ab 4 Monate seien Windeln so selten gewechselt worden, dass die Kinder wund gewesen seien und beim Windelwechseln vor Schmerzen geschrieen haben sollen. Insgesamt käme dort die Betreuung einzig einer Verwahrung gleich.

Diese und zahlreiche weitere Vorkommnisse werfen ein wenig rühmliches Licht auf Kindertageseinrichtungen.

Wahl der Kita: Russisches Roulette?

Die Journalisten bringen es unverblümt auf den Punkt:

„Wer sein Kind in einem Kindergarten anmeldet, lässt sich auf ein Glücksspiel ein. Den Eltern wird vorgegaukelt, dass ihr Nachwuchs in jeder Kita bestens versorgt ist. Und Familien wollen der Werbeprosa gerne glauben, mit der Anbieter die Wirklichkeit überblenden.“

NUBBEK-Studie: Nur 6 % der Krippen „gut“

Bereits 2013 brachte die NUBBEK Studie ähnliche Erkenntnisse zu Tage. Von 550 Kleinkind-Einrichtungen wurden lediglich 6 % aller untersuchten Kinderkrippen als „gut“ bewertet. 17 % der untersuchten Einrichtungen bekamen das Qualitätsurteil „unzureichend“.

Kein Kinderschutzkonzept: Kinder bleiben hilflos zurück

Schubsen, Schlagen, Demütigen, Erniedrigen, Minderversorgung scheinen an der Tagesordnung zu sein, so dass Experten längst nach einem Kinderschutzkonzept rufen. Doch die Politik schaut weg und viele Eltern wissen gar nicht, wie es ihrem Kind in der Einrichtung geht und selbst wenn, stehen sie den Missständen machtlos gegenüber, da es hinter den geschlossenen Türen keine Zeugen gibt und Erzieher sich gegenseitig decken. Die Kinder sind zu klein, um über Missstände erzählen zu können.

Fazit zu Trennungstrauma und Missständen in Kitas

Wie folgenreich die Auswirkungen auf das Leben unserer Kinder sein können, wird kaum öffentlich zur Diskussion gestellt und mangelnde Transparenz ist generell zu beklagen. Die hier vorgetragenen Informationen sind keinesfalls neu gewonnene Erkenntnisse, sondern beschäftigten die Wissenschaftler bereits in den 1960er Jahren ff, die seit Generationen immer wieder bestätigt werden. Umdenken und Wandel wäre längst von Nöten, doch es passiert nichts. Die Frage, ob überhaupt Kinder in Fremdbetreuung gehören, erscheint mehr, als berechtigt.
Immer häufiger ist davon zu hören / lesen, dass Einrichtungen wie Kindergärten, Kinderheime und Horte geschlossen werden, weil dort die Betreuung der Kinder alles andere als optimal ist.

Sexuelle Übergriffe und Gewaltandrohung

Im Sommer 2015 machte eine Mainzer Kindertagesstätte Schlagzeilen. Es kam zu sexuellen Übergriffen unter den Kindern. Die Betreuungseinrichtung wurde geschlossen.

„Wir sind nicht nur angesichts des Ausmaßes und der Vielzahl der Fälle, sondern auch im Hinblick auf jeden Einzelfall tief betroffen.“

Der Spiegel zitiert diese Worte des Mainzer Generalvikars; dieser bezeichnet die Vorfälle als „Perversitäten sexueller Gewalt“, deren Ausmaße „harter Pornografie“ glichen. Zudem kam es zu „üblen Gewaltandrohungen“, so Spiegel.
Auf mich als Vater wirkt das befremdlich und natürlich macht man sich als Vater und Mutter Sorgen, wenn man diese geballten Informationen konsumiert. Plötzlich wandelt sich die Denkweise, die vorher es noch als vollkommen normal ansah, dass Kinder mit 2 oder 3 Jahren in den Kindergarten gebracht werden. Wo noch vor den Recherchen die Überzeugung vorhanden war, der Besuch in der Kita käme der Entwicklung des Kindes zugute, macht sich zunehmend Verzweiflung und Resignation breit.

[error]ZEIT ONLINE bezeichnet es angesichts der bundeslandübergreifenden Schilderungen von Eltern und Angestellten sowie der hohen Fallzahlen als Glücksspiel, wenn Eltern ihre Kinder einer Kita anvertrauen.[/error]

Kinderbetreuung: Eltern haben oft keine Wahl

Ohnehin würden viele Väter und Mütter ihr Kleinkind am liebsten Zuhause behalten und sich um Betreuung, Versorgung und Erziehung selbst kümmern wollen. Gesellschaftlicher Druck („Das Kind muss unter Gleichaltrige!“) und die unabdingbare Notwendigkeit, das Existenzeinkommen der Familie sicherzustellen nehmen Eltern oftmals die Wahl ab. Der Nachwuchs „muss“ in Hort, Kindergarten oder Kita gebracht werden, damit Mutter und / oder Vater zur Arbeit gehen können. Im Laufe der Generationen haben sich die Familienverhältnisse zudem verändert, so dass Großeltern immer seltener bei der Betreuung der Enkelkinder einspringen (können). Die Kinder in Fremdbetreuung unterzubringen, ist dann meist die einzige Möglichkeit, die Vätern und Müttern bleibt.

Was kannst du tun, wenn du dein Kind in die Kita geben musst?

Bist du in der Situation, dass du einen Betreuungsplatz für dein Kind zwingend benötigst, musst du dich möglichst umfangreich über Hort, Kita bzw. Kindergarten informieren. Schau dir die Einrichtung an und spreche mit Eltern, deren Kind dort untergebracht ist. Dies gibt dir zwar keine Sicherheit, dass dort alles in Ordnung ist. Doch du bekommst einen ersten Eindruck.

Die Eingewöhnungszeit deines Kindes

Sobald dein Kind in eine Einrichtung gehen soll, trainiere dein Kind, mit Trennungssituationen besser zurecht zu kommen. Übe, indem du es kurz bei Opa, Oma oder einer vertrauenswürdigen Nachbarin lässt. Hole dein Kind nach kurzer Zeit wieder ab, damit es das Vertrauen behält, dass du bald wieder zurückkommen wirst.

Je näher der erste Tag im Kindergarten oder in der Krippe rückt, desto länger und häufiger kannst du das Kind an die Person deines Vertrauens geben. So gibst du deinem Kind einen sanften Übergang und die Möglichkeit, zu lernen, dass die Trennung von dir nur für einige Zeit andauert. Du bist die verlässliche Haupterziehungsperson, das beweist du deinem Kind dadurch.

Die erste Zeit in Kindergarten und Krippe

Setze dich im Kindergarten bzw. in der Krippe durch. Vertraue auf dein Gefühl. Wenn dein Kind länger braucht, um sich einzugewöhnen, bist du in der Verantwortung, dies im Interesse deines Kindes durchzusetzen. Auch dann, wenn die Kindergärtnerinnen dich eines Besseren belehren wollen. Nehme dir, falls möglich, ein paar Urlaubstage, um dein Kind zu begleiten.

  • Lasse es anfangs nur kurz zurück und steigere die Zeit, in der du „mal kurz zum Bäcker“ gehst.
  • Bestehe darauf, dass man dich anruft, wenn dein Kind weint.
  • Beim Abholen achte darauf, ob dein Kind verändert wirkt (Sieht es verweint aus? Geht es auf Distanz zu dir? Ist es bockig?).

Wie lange dauert die Eingewöhnungszeit in die Kita?

Die Eingewöhnungszeit kann ein paar Tage, aber auch Wochen und Monate dauern. So lange bekommt kein Vater Urlaub. Bitte Mutter, Oma, Opa, Tante, Onkel um Hilfe. Scheue dich nicht, deinem Kind zwischendurch einen freien Tag zu geben, wenn es sich schwer tut.

Dein Kind gewöhnt sich nicht ein

Sollte dein Kind auch nach Wochen oder Monaten nicht bereit sein, in der Kita zu bleiben, brauchst du eine andere Lösung, die nicht leicht zu finden ist. Lote aus, ob es innerhalb der Familie jemanden gibt, der euch unterstützen kann. Eine Tagesmutter kann eine bessere Lösung sein, wenngleich auch dort es zu ähnlichen Problemen kommen kann. In letzter Konsequenz kann es auch vorkommen, dass dein Kind gar nicht soweit ist und du dich mit der Mama neu organisieren musst.

Probleme in der Kita – Was tun?

Wenn dein Kind bereits in der Kindertagesstätte, im Hort oder in einem Kindergarten ist und du den Eindruck hast, dass es dort Missstände zu beklagen gibt, besprich dich vorsichtig mit anderen Vätern / Müttern und versuche, mehr über deren Eindrücke in Erfahrung zu bringen. Bestätigen sich deine Vermutungen, setze dich mit dem Träger in Verbindung oder denke über einen zügigen Wechsel in eine andere Einrichtung nach. Auch der Kontakt zum Jugendamt kann sinnvoll sein, damit überprüft wird, ob sich deine Befürchtungen bestätigen.

Der Wechsel in eine andere Kindertageseinrichtung kann die beste Entscheidung sein, um dein Kind zu schützen und dich selbst nicht in eine „Denunzianten-Rolle“ zu bringen. Kannst du lediglich Vermutungen äußern, aber keine Beweise erbringen, stehen die Aussagen der Angestellten deiner Vermutung gegenüber. Da ist also Vorsicht geboten. In jedem Fall solltest du eine anonyme Meldung beim Jugendamt machen, damit die Zustände in der Kita überprüft werden, da nicht nur dein Kind, sondern auch andere Kinder in Gefahr sein könnten.

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Der wohl wichtigste Tipp, den ich dir geben kann

Wann immer es dir möglich ist, dein Kind nicht in fremde Obhut zu geben, solltest du dein Kind zuhause lassen und dich selbst um deinen Nachwuchs kümmern. Denn selbst die Unterbringung in einer tollen Kita kann niemals die liebevolle Zuwendung von Papa und Mama ersetzen.
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